Arbeitszeit im Fokus

Ein wichtiger Aspekt für die Vereinbarkeit ist die Arbeitszeit. Das Projekt legt deshalb einen Schwerpunkt auf Arbeitszeitmodelle wie Teilzeitarbeit.

Es gibt viele Arbeitsmodelle, die für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in Frage kommen: Teilzeitarbeit, flexible Gestaltung von Arbeitsbeginn und -ende, Jobsharing, Viertagewoche, Reduktion der Tagespräsenzzeit durch kürzere Pausen, Lebensarbeitszeit und viele mehr.

Ein häufiges Modell ist auch Home Office – doch dies ist im Gebäudehüllengewerbe nur bedingt möglich. Denn Dächer lassen sich nicht via Home Office decken.

Im Rahmen des Projekts befassen wir uns insbesondere mit Teilzeitarbeit. In der Schweiz ist Teilzeitarbeit ein sehr beliebtes Modell, um Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen. Teilzeitarbeit ist jedoch ungleich verteilt und Männer mit dem Wunsch nach Teilzeitarbeit sind benachteiligt.

Nebst vielen Chancen birgt Teilzeitarbeit auch Risiken und Herausforderungen. Im Rahmen des Projekts wollen wir diese Risiken reduzieren und Lösungen für die Herausforderungen erarbeiten.

Definition

Teilzeitarbeit liegt dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis mit einer kürzeren Arbeitszeit als der Normalarbeitszeit vereinbart wird. Im Gebäudehüllengewerbe beträgt die durchschnittliche Normalarbeitszeit 8,4 Stunden pro Tag (bzw. 42 Stunden pro Woche). Die Normalarbeitszeit wird auch als Vollzeitstelle oder 100 Prozent-Pensum bezeichnet.

Abhängig vom Beschäftigungsgrad kann Teilzeitarbeit wie folgt eingeteilt werden:

  • Vollzeitnahe Teilzeitarbeit (80–99 %)

  • Mittlerer Beschäftigungsgrad (50–79 %)

  • Geringfügige Beschäftigung (unter 50 %)

Die Höhe des Beschäftigungsgrads führt zu unterschiedlichen Chancen und Risiken. Kurz: Je höher der Beschäftigungsgrad, desto geringer die Risiken.

Teilzeit ist nicht temporär

Teilzeitarbeit wird zum Teil mit Temporärarbeit oder Arbeit auf Abruf gleichgesetzt. Das sind jedoch verschiedene Arbeitsverhältnisse.

Bei Temporärarbeit handelt es sich um eine befristete und somit für Arbeitnehmende unsichere Arbeitsform, bei der die Arbeitnehmenden im Normalfall bei einer Personalvermittlungsfirma angestellt sind.

Teilzeitarbeit hingegen ist unbefristet, und die Anstellung erfolgt im Normalfall direkt beim Unternehmen und mit einem fix vereinbarten Monatslohn.

Für Personen mit Betreuungspflichten ist es meistens wichtig, dass Teilzeitarbeit klar geregelt und Arbeit auf Abruf unterbunden wird. Denn für familienfreundliche Arbeitsbedingungen braucht es planbare Einsatzzeiten und langfristige Stabilität. Schliesslich haben auch Kinderbetreuungsstrukturen und Schulen fixe Anfangs- und Schlusszeiten.

Chancen und Risiken

Wie alles hat auch Teilzeitarbeit Vor- und Nachteile. Diese fallen für Unternehmen und Arbeitnehmende unterschiedlich aus.

Die nachfolgenden Zusammenfassungen stammen aus der Literatur und aus den Erfahrungen des Projekts Teilzeitbau im Maler- und Gipersgewerbe. Sie sind allgemein gehalten – die Einschätzung von Chancen und Risiken ist natürlich abhängig von der individuellen oder der betrieblichen Situation. Weiter werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Risiken reduziert werden können.

Chancen und Risiken für Unternehmen

Unternehmen, die Teilzeitstellen anbieten, profitieren von gesünderen und motivierteren Arbeitskräften. Sie können sich als Unternehmen mit attraktiven Arbeitsbedingungen positionieren. Die Möglichkeit für Teilzeitarbeit macht eine Branche attraktiver und trägt zum Erhalt von Fachkräften bei.

Chancen:

  • Erhöhung der Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt

  • Erhalt von Wissen und Fachkräften

  • Höhere Arbeitszufriedenheit und Motivation

  • Geringere Fluktuationsraten

  • Geringere Fehlzeiten

  • Höhere Leistungsfähigkeit

  • Höhere Produktivität

  • Grössere Flexibilität durch bessere Auslastung an gewissen Tagen

  • Weniger Einsatz von Temporärmitarbeitenden

  • Mit der Zeit gehen und für die Zukunft gerüstet sein

Risiken:

  • Höherer Administrations-, Koordinations- und Kommunikationsaufwand

  • Höherer Planungsaufwand

  • Anpassung von Arbeitsprozessen

Reduzierung der Risiken

Die Anpassung von Arbeitsprozessen ist ein einmaliger Prozess bei der Einführung von Teilzeitarbeitsmodellen. Der höhere Aufwand für Planung kann gesenkt werden durch die geeignete Kombination von Teilzeitstellen (z.B. Job Splitting, d.h. die Aufteilung einer Vollzeitstelle auf zwei Personen). Der Aufwand für Koordination und Kommunikation lässt sich mit klaren und einfachen Abläufen geringhalten.

Chancen und Risiken für Arbeitnehmende

Arbeitnehmende, die Teilzeit arbeiten, haben mehr Zeit für ihr Leben neben der Erwerbsarbeit. Insbesondere junge Eltern möchten oft Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit für die Kinder zu haben. Arbeitnehmende in den Baubranchen schonen ihre Gesundheit, wenn sie Teilzeit arbeiten.

Chancen:

  • Mehr Zeit, Freiraum, Selbstbestimmung

  • Mehr Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Freizeit

  • Mehr Zeit für Kinder oder Angehörige

  • Mehr Zeit für Aus- und Weiterbildung

  • Mehr Zeit für Hobby oder freiwilliges Engagement

  • Höhere Arbeitsmotivation

  • Höhere Lebensqualität

  • Positive Auswirkungen auf die Gesundheit

  • Gleitender Ausstieg aus dem Erwerbsleben (Altersteilzeit)

Risiken:

  • Lohnreduktion aufgrund Reduktion der Arbeitszeit

  • Benachteiligung bei vertraglichen Regelungen (z.B. Überzeit)

  • Benachteiligung bei der Altersvorsorge (Pensionskassen)

  • Arbeit auf Abruf

  • Geringere berufliche Entwicklungsperspektiven

  • Höherer Koordinations- und Kommunikationsaufwand

Reduzierung der Risiken

Die meisten Risiken lassen sich reduzieren. So können klare vertragliche Regelungen eine allfällige Schlechterstellung (z.B. bei der Überzeit) verhindern. Die Benachteiligung bei den Pensionskassen kann durch teilzeitgerechte Vorsorgepläne aufgehoben werden. Arbeit auf Abruf kann durch eine klare Regelung der Arbeitszeit (Beschäftigungsgrad) und den Zeitpunkt (z.B. an welchen Wochentagen) verhindert werden. Das Risiko von geringeren beruflichen Entwicklungsperspektiven (z.B. betriebsinterne Weiterbildung) besteht vor allem bei tiefen Beschäftigungsgraden. Der Aufwand für Koordination und Kommunikation lässt sich mit klaren und einfachen Abläufen geringhalten. Und für ältere Mitarbeitende ab 60 Jahren gibt es im Gebäudehüllengewerbe sogar die Möglichkeit für Teilzeitarbeit ohne grosse Lohnreduktion – dank Überbrückungsrenten im Rahmen des Vorruhestandsmodell (VRM).